SOS Reeperbahn und ALIVE!KULTUR e.V. feiern unseren guten Engel Agi
Ein Engel auf der Reeperbahn – vom Tresen auf die „Straße“ – immer für andere unterwegs!
Was macht ein Mensch heute, der von der Arbeit auf der Reeperbahn seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Nach fast neun Jahren hinter dem Tresen in der Hans-Albers-Klause auf dem berühmten Hans-Albers-Platz, oder seit 2018 im Rettungsring in der Silbersackstraße, ist der Name „Aggi“ ein Begriff. Wo kommt sie her, wie geht es ihr heute und was macht sie im Lockdown? Ich durfte Aggi (59), am 28.04.21 besuchen und einen kleinen Blick in die Wirklichkeit werfen.
Spontan sind schon immer die schönsten Abende gewesen, so auch mein Besuch bei Aggi zuhause. Bescheiden lebt sie, direkt auf dem Kiez, keine 100 Meter von dem berühmten Platz, um die Friedrich- und Gerhardstraße, auf dem vor dem Lockdown noch das Leben getobt hat. Aber ich bemerke schnell, die einstige Regel der Spontanität ist außer Kraft gesetzt, es scheint als würde die Stille, etwas Bedrückendes, von draußen in die Wohnung kriechen. „Erzähl aber nicht so viel privates. Es geht nicht um mich mein Schatz!“ Natürlich bin ich wegen Aggi hier, sie weiß das auch, aber so ist sie. Kopf hoch, kämpfen, natürlich „alles gut“. Wir beide sprechen über Verluste, neue Erfahrungen und wie es weiter gehen kann.
Mit „Rosilinchen“, so nannte sie ihre beste Freundin, teilte sich Aggi einige Jahre eine Wohnung. Das hat sie beide damals zusammengeschweißt, als Aggi vor 10 Jahren aus NRW über die Niederlande und Polen nach Hamburg gekommen ist. Im letzten April hat sie Rosie zuerst in das Hospiz und dann aus dem Hospiz St. Pauli begleitet. „Ich bin so dankbar, dass ich ihre Hand bis zuletzt halten konnte. Was hier im Lockdown passiert hat sie gar nicht mitbekommen und ich habe sie damit auch nicht belastet!“ Die Situation im ersten Lockdown war beklemmend, jedoch nicht vorstellbar was noch folgen könnte. Mit den Hygienekonzepten schien sich die Lage in der Gastronomie zu stabilisieren.
Aggi:“Natürlich war es deutlich weniger als vor der Pandemie, zumindest aber Arbeit und die Hoffnung das es bald wieder wird wie es einmal war!“ Als der zweite Lockdown, Anfang November, verhängt wurde, war sie auf staatliche Unterstützung angewiesen. Niemals zuvor war sie auf den Staat angewiesen, zusätzlich fehlt auch noch das Trinkgeld, als wichtiger Zusatzverdienst und es war immer ein Ausdruck der Kundenzufriedenheit.
Das ist wie ein Stichwort, Aggi vermisst ihre Gäste, zufriedenen Gesichter, zumindest immer wenn sie gegangen sind – sie lächelt. Die Gespräche und die Freude bei der Arbeit, sie könnte viele Geschichten erzählen, aber dazu ist sie heute Abend nicht in der Stimmung. „Einkommen ist ja nicht alles was genommen wurde. Werde ich noch gebraucht, bin ich nützlich und kennen mich die Menschen noch?“ Heute geht es ihr nicht gut, aber es gibt schon auch andere Tage weiß sie zu erzählen. Es geht nicht nur darum sichtbare Folgen aufzuzeigen, ganz viel passiert in unserem Inneren.
„Wir müssen doch alle etwas tun … !“
Heute kümmert sich Aggi um Hilfsbedürftige und Obdachlose auf dem Kiez. Aggi:„Die Menschen auf der Straße wissen das ich komme, sie warten auf mich. Ich unterhalte mich auf Augenhöhe mit ihnen. Hier werde ich gebraucht und ich habe sogar einige neue Freunde gefunden!“ Mindestens zweimal in der Woche macht sich Aggi auf den Weg, von der Reeperbahn auf St. Pauli bis nach Ottensen. Sie sammelt zuhause Kleidung und Schuhe, daraus entstehen Kleiderpakete. Sie stellt diese individuell zusammen, schließlich kennt sie jeden persönlich und weiß auch wo jeder anzutreffen ist.
Für die Mahnwache engagiert sie sich ebefalls. Als Mitarbeiterin auf der Reeperbahn ist es ihr wichtig für dieses Projekt Interesse zu zeigen und vor Ort zu sein. Seit Oktober 2020 demonstrieren Menschen friedlich für den Erhalt der Meile. Bevor die letzten Maßnahmen im April ’21 erfolgten, sogar 24/7 vor Ort. Eine tolle Leistung und ein großes Zeichen.
Aggi unterstützt auch die FB Gruppe
SOS Reeperbahn
:„mit Social Media habe ich nichts zu tun, aber Du weißt ja, wenn Du Hilfe für die Spendenverteilung brauchst musst Du halt anrufen, mein Schatz!“ Schatz, dass ist übrigens die allgemeine Ansprache von Aggi, sehr sympathisch wie alle finden.
Mit ihrem sozialen Engagement hat Aggi Halt im Alltag gefunden. Es lenkt sie ab, sie hat andere Lebenserfahrungen gemacht und neue Menschen kennengelernt. Trotzdem:“ Ich wünsche mir so sehr wieder arbeiten gehen zu dürfen, mir fehlt DAS ALLES so sehr!“
SOS Reeperbahn schließt sich an. Die Gastronomie, Kunst & Kultur ist systemrelevant. Wir wollen das es endlich weiter geht, sich die Türen öffnen und wir uns alle wieder begegnen und in die Augen schauen können.
Zum Schluss hat unser Engel der Reeperbahn noch eine Bitte: Die Menschen auf der Straße benötigen jetzt Sommerkleidung. T-Shirts, Turnschuhe und vor allem Socken und Unterwäsche.
„Es ist totaler Quatsch das wir keine gewaschene Unterwäsche benötigen, schreib das bitte unbedingt mit in Deinem Bericht!“ so Aggi.
Nach Absprache und Zusammenarbeit mir der
Solidarische Mahnwache für den Kiez
kann jeder die oben genannten Kleidungsstücke dort abgeben. Die Mahnwache steht seit Oktober ununterbrochen auf dem Spielbudenplatz.
SOS Reeperbahn sagt herzlichen Dank an das Orga Team der Mahnwache für diese Unterstützung und ein dickes Danke auch von Aggi – sie wird Euch vor Ort bestimmt einen Masken-Knutsch geben.
Herzlich Dank auch an Aggi, für ihre offenen Worte und für ihr Engagement.
Vielleicht kennst Du das Gefühl was Aggi beschreibt? Es ist mal besser und auch mal wieder schlechter … Es gibt viele Projekte sich zu engagieren, neue Menschen kennenzulernen oder auch anonym an Aktionen teilzunehmen.
AUF DEM KIEZ IST WAS LOS – SCHAU MAL HIN !!!
Bitte teile unseren Bericht. Euer Oliver Pause
Hier noch ein großartiger Bericht über
Agi im neuen
OXMOX!